Nisthilfen für Wildbienen

Hinweise zum Bau von sinnvollen Nisthilfen für Wildbienen

Beim Bau der so genannten Insektenhotels wird durch Unwissenheit viel falsch gemacht. Hier gilt oft die Redewendung:

Gut gemeint aber nicht gut gemacht.

Schon die Bezeichnung ‚Insektenhotel‚ ist irreführend. Es geht ja nicht darum, dass die erwachsenen Bienen übernachten.

Es geht vielmehr um eine Kinderstube für die Bienen-Larven.

Man möchte den solitär lebenden Bienen einen geeigneten Platz bieten, an dem sie ihre Eier zusammen mit einem Futtervorrat ablegen.

Die Larven schlüpfen darin, fressen den angelegten Futtervorrat, wachsen, überwintern und schlüpfen im folgenden Jahr als erwachsene Bienen.

Wer eine Nisthilfe kauft oder baut und im Garten aufhängt, der möchte der Natur und den Bienen etwas Gutes tun. Aber wie so oft, wenn der Mensch in natürliche Prozesse und Gleichgewichte eingreift, ist das vereinfacht gedacht und kann auch unerwünschte Wechsel-Wirkungen haben. Auf alle Fälle gibt es auch einige handwerkliche Dinge zu beachten.

Man muss das Thema daher etwas komplexer betrachten.

Brutplätze für Wildbienen

Die solitär lebenden Arten von Wildbienen und Wespen kann man einteilen in solche, die zum Brüten Löcher in den Boden oder in Steilwände graben und in solche, die Löcher in Totholz als Brutröhre nutzen.

Rund 70% aller Wildbienen nisten in der Erde.

Die holzbewohnenden Arten gehören eher zu den wenig gefährdeten Arten.

Brutröhren in Holz

Beispiele:

  • Bauchsammlerbienen (Scheren-, Woll-, Löcher- und Mauerbienen)
  • Töpfergrabwespen, Blattlaus-Grabwespen
  • Lehmwespen

Auf diese Gruppe zielen die auf dieser Seite beschriebenen Nisthilfen.

Parasiten

Diese Arten parasitieren andere Arten:

Bodenbrütende Arten

Beispiele:

  • Sandarium:
  • Steilwände, Lehmwände:
    • Pelzbienen (Anthophora)
    • Seidenbienen (Colletes)
    • Furchenbienen (Lasioglossum)
    • Maskenbienen (Hylaeus)
    • Schornsteinwespen (Odynerus)

Den bodenbrütenden Arten kann man helfen, indem man geeignete Stellen im Garten offen lässt also nicht bepflanzt, nicht hackt und nicht unter Rindenmulch verschüttet.

Je nach Art werden eher sandige oder eher lehmige Stellen bevorzugt. Der Boden darf nicht so fest sein, dass das Graben von Röhren zu schwer wird, er darf aber auch nicht so locker sein, dass die Röhren gleich wieder einstürzen. Es ist für den Menschen schwierig, solche Stellen gezielt z.B. in Form eines Sandariums zur Verfügung zu stellen. Die Biene weiß selbst am besten, welcher Platz geeignet ist. Oft wird das gut gemeint gebaute Sandarium verschmäht zugunsten einer Fuge im Gehweg nebenan.

Für die Bewohner von Steilwänden kann ein Lehm-Element in eine Nisthilfe integriert werden. Beschreibung in den weiterführenden Links.

Einflüsse und Wechselwirkungen

In der Natur findet man Löcher im Holz, die von anderen Insekten angelegt wurden und von Wildbienen als Brutröhre genutzt werden. Diese Löscher sind gleichmäßig über ein Gebiet verteilt. Es kommen nicht hunderte Löcher dicht nebeneinander vor. Durch eine große menschengemachte Nisthilfe gibt es daher – wenn sie genutzt wird – eine hohe Konzentration von Bewohnern auf engem Raum.

Die Bewohner der Nisthilfe wollen in der näheren Umgebung fressen bzw. die weiblichen Tiere suchen Pollen für ihre Brut in der Umgebung. Bevor eine Brutröhre gefüllt ist, muss die kleine Biene hunderte Male hin und her fliegen. Sie kann es sich also nicht leisten, den Pollen über längere Strecken zu transportieren. Es entsteht somit eine Nahrungskonkurrenz untereinander und gegenüber anderen Arten.

Die kleinen Bienen, die die Nisthilfe bewohnen, sind auch wieder Teil der Nahrungskette. Sie werden von anderen Arten erbeutet und gefressen. Ein vermehrtes Auftreten lockt auch vermehrt Fressfeinde an, z.B. den Specht.

Einige Arten von Bienen oder Wespen legen nicht selbst Brutröhren an und sammeln auch keinen Pollen für ihren Nachwuchs, sondern lassen andere Arten das erledigen. Diese Brutparasiten legen ihre Eier in fremde Brutröhren, der Nachwuchs des Parasiten frisst dann die Nahrungsvorräte oder den Nachwuchs des Wirtes oder beides.

Diese Brutparasiten sind nicht immer auf eine Art festgelegt und parasitieren auch andere Arten in der Umgebung, z.B. auch die bodenbrütenden Arten. Diese haben dann keinen Vorteil von der Nisthilfe, aber leiden unter der Belastung der vermehrt auftretenden Parasiten.

Was einigen Arten hilft, belastet also andere Arten in der Umgebung. Der Mensch ist wieder einmal dabei, die Natur nach seinen Vorstellungen zu beeinflussen und ein Gleichgewicht zu verändern. Daher sollte man es nicht übertreiben mit den Nisthilfen.

Einige kleine Nisthilfen, die im Garten verteilt werden, sind besser als eine große Anlage weil sie die Nahrungskonkurrenz und den Druck durch Parasiten nicht so konzentrieren.

Gekaufte Nisthilfen

Industriell gefertigte Nisthilfen, die unter der Bezeichnung ‚Insektenhotel‚ in Baumärkten und Gartencentern angeboten werden, sind meist unbrauchbar bis schädlich. Um schnelles Geld zu verdienen, werden die angebotenen Kästen nicht fachgerecht konstruiert und befüllt.

Leider werden diese massenhaft angebotenen Schrott-Nisthilfen inzwischen als Standard angesehen und kopiert. Selbst auf Umweltfesten habe ich an Ständen von ehrenamtlichen Organisationen schon Nisthilfen gesehen, die sich kaum von der Baumarkt-Ware unterscheiden.

Häufige Mängel gekaufter Nisthilfen:

  • Zu kurze Röhren, oft nur 6 bis 8 cm lang
  • Zu dicke Röhren
  • Die Röhren wurden so planlos aus Bambus geschnitten, dass ein Knoten des Bambus das Röhrchen nicht am Ende verschließt sondern in der Mitte oder nach wenigen Zentimetern. Was soll das? Das ist völlig sinnfrei.
  • Scharfkantig gesägte und nicht geglättete Ränder der Röhren.
    Diese zerreißen den Bienen die Flügel.
  • Sinnlose Materialien wie Tannenzapfen, Holzwolle oder leere Hohlräume.
  • Hohllochziegel mit großen rechteckigen Löchern
  • Bohrungen in das Hirnholz von Rundhölzern. Diese Bohrungen fransen an den Kanten aus und bilden Splitter, die die Flügel der Bienen zerreißen

Eigenbau von Nisthilfen

Folgende Grundsätze sollte man beachten:

  • Glatte Ränder der Bohrungen
  • Länge der Röhren 12 bis 15 cm
  • Durchmesser der Röhren 2 bis 9 mm
  • Die hinteren Enden der Röhren sollen verschlossen sein

Ränder

Unsaubere und ausfransende Ränder der Bohrungen bilden Splitter, die die zarten Flügel beim Rein- und Rauskriechen aufschlitzen können. Für jede Brutzelle muss das Weibchen mehrmals Nahrung und Baumaterial in die Röhre bringen. Zudem liegen mehrere Brutzellen hintereinander in der Röhre. Sie muss also hunderte Male vorwärts hinein und rückwärts wieder raus. Dabei kann leicht ein Unglück passieren, wenn Splitter hervor stehen. Bohrungen in Holz sollten daher generell quer zur Faserrichtung erfolgen, also nie in das sogenannte Hirnholz.

Länge

In jede Niströhre werden hintereinander mehrere Eier gelegt. Die Kammern werden mit dünnen Zwischenwänden getrennt und außen mit einer dickeren Wand verschlossen. Die Larven müssen nacheinander von außen nach innen schlüpfen. Die äußeren Kammern enthalten die Männchen, die zuerst schlüpfen, sich ein Revier suchen und auf die Weibchen warten. Die Weibchen schlüpfen später aus den tiefer gelegenen Zellen der Brutröhre. Ganz außen befindet sich oft eine leere Kammer zum Schutz vor Fressfeinden.

Aus zu kurzen Röhren schlüpfen überwiegend Männchen was zu einem Ungleichgewicht führt und die Fortpflanzung verhindert.

Empfohlene Tiefe: 12 bis 15 cm.

Faustformel: mindestens der 10fache Durchmesser

Die Röhren sollen hinten geschlossen sein (z.B. Verklebung mit der Rückwand).

Durchmesser

Jeder Durchmesser spricht aufgrund der Körpergröße eine andere Art von Wildbienen an.

Beispiel: Die Gewöhnliche Löcherbiene bevorzugt Innendurchmesser von 3 bis 3,5 mm.

Die Röhren sollten 2 bis 9 mm Innendurchmesser haben, wobei die kleinen häufiger besiedelt werden als die großen.

Anordnung

Die Löscher sollten nicht in regelmäßigen Mustern angeordnet sein (Zeilen und Spalten) um den Bienen die Orientierung zu ermöglichen. Das im Bau befindliche Loch muss viele Male hintereinander angeflogen werden. Eine unregelmäßige (individuelle) Anordnung erleichtert es, dass richtige Loch wieder zu finden.

Material

  • Bohrungen in Holz. Hartholz verwenden, kein Nadelholz (Harz!) oder Weichholz (Rissbildung). Die haushaltsüblichen Spiralbohrersätze sind nicht lang genug. Es müssen besonders lange Bohrer beschafft werden. Nicht ganz durch bohren, die Löcher müssen hinten geschlossen sein (Sackbohrungen).
    Keine Imprägnierung oder Lackierung.
  • Pappröhren, diese müssen aber trocken gehalten werden, weil sie sonst aufweichen oder schimmeln. Der Regenschutz kann z.B. durch eine Überdachung oder durch Einbau in eine Blechdose bewirkt werden.
  • Bambusrohr
  • Schilfrohr ist schwierig zu schneiden ohne eine Bildung von Längsrissen
  • Das verwendete Material muss luftdurchlässig (atmungsaktiv) sein damit die Larven nicht ersticken. Kunststoff kommt daher nicht in Frage.

Standort

Vollsonnig und witterungsgeschützt.

Die Nisthilfe sollte in unmittelbarer Nähe zu Nahrungsquellen aufgehängt werden. Das Weibchen muss für jeder Brutzelle mehrmals hin- und her fliegen um Futtervorräte zu bringen, dann Baumaterial für die Zwischenwand, dann wieder Futter für die nächste Zelle. Je Brutröhre, mit mehreren Zellen, sind hunderte Flüge notwendig, da sollte der Weg nicht zu weit sein.

Um nicht Fressfeinde oder Parasiten anzulocken und die Nahrungskonkurrenz zu entschärfen, sollten besser mehrere kleine Nisthilfen im Garten verteilt werden als eine große.

Schutz

Die Nisthilfe sollte vor Regen geschützt werden, insbesondere, wenn beim Bau Pappröhren verwendet wurden.

Um den Specht daran zu hindern, die Nisthilfe zu plündern, kann mit einigen Zentimetern Abstand ein Drahtgeflecht vor die Röhrchen gespannt werden.

Minimales Beispiel

Ein Klotz aus Hartholz, Bohrungen mit den Durchmessern 3 bis 8 Millimeter, als Regenschutz ein halber Kunststoff-Blumentopf.
Aufgehängt Anfang Juni am Gartenzaun. Im August waren die kleineren Bohrungen bewohnt von der Gewöhnlichen Löcherbiene (Heriades truncorum), viele Eingänge waren schon mit Harz verschlossen.